Meilensteine der podologischen Ausbildung – im Gespräch mit Schulleiterin Christina Schäfer-Thaler

Als das Podologengesetz im Jahr 2002 verabschiedet wurde, war das für die gesamte Branche ein großartiger Erfolg. Fußpflege-Pioniere wie Hellmut Ruck senior hatten sich lange für eine fundierte und einheitliche Ausbildung eingesetzt – mit Erfolg: Mit dem Podologengesetz wurde die Ausbildung erstmals bundesweit vereinheitlicht und auf ein neues, zukunftsfähiges Niveau gehoben.

Der Zeit voraus: Podologie-Ausbildung in Neuenbürg

Ein erstes, außergewöhnliches Etappenziel erreichte die Schule für Podologie in Neuenbürg bereits vier Jahre vorher. Christina Schäfer-Thaler, von Beginn an Lehrkraft und heute Schulleiterin in Neuenbürg, erinnert sich: „Schon 1998 – noch bevor das Gesetz offiziell in Kraft getreten war – starteten wir unseren ersten zweijährigen Podologie-Kurs.“ Das Schulkonzept orientierte sich am Gesetzesentwurf, sodass die Ausbildung 2002 praktisch nahtlos fortgesetzt werden konnte. „Damit gehören wir zu den Vorreitern der Podologie-Ausbildung in Deutschland, denn damals gab es nur drei Podologie-Schulen: in Plattling, Braunschweig und bei uns in Neuenbürg,“ ergänzt Schäfer-Thaler. Die staatliche Anerkennung erhielt die Schule in Neuenbürg im Jahr 2000.

Neue Perspektiven: Ergänzungsprüfung für Fußpfleger:innen

Viele Jahre Erfahrung und jetzt nochmal eine Ausbildung? Zwischen 2001 und 2006 bot eine Übergangsregelung allen medizinischen Fußpfleger:innen mit mindestens zehn Jahren Berufserfahrung neue Perspektiven. Sie konnten innerhalb des festgelegten Zeitrahmens eine Ergänzungsprüfung ablegen und so den Titel „Podolog:in“ erwerben – ohne nochmals eine zweijährige Ausbildung anschließen zu müssen.

„Auch in Neuenbürg haben wir bis 2006 die sogenannte Externen-Ausbildung angeboten,“ blickt Christina Schäfer-Thaler zurück. „Wir hatten insgesamt 238 Teilnehmer, die praktisch, mündlich und zum Teil auch schriftlich geprüft wurden.“ Während dieser Phase entstanden deutschlandweit rund 40 neue Schulen, die Vorbereitungskurse für die Ergänzungsprüfung anboten. Mit dem Auslaufen der Übergangsregelung – und dem Wegfall finanzieller Vorteile – reduzierte sich ihre Zahl deutlich.

Mehr Handlungsspielraum: Die sektorale Heilpraktikererlaubnis

Seit 2009 bietet die sektorale Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf das Fachgebiet der Podologie (SHP) mehr Handlungsspielraum für Podolog:innen. „Die sektorale Heilpraktikererlaubnis macht es möglich, dass die Podologen bei bestimmten medizinischen Indikationen, wie einem eingewachsenen Zehennagel, entzündeten Clavi oder Warzen eigenständig behandeln dürfen – umsatzsteuerfrei und ohne ärztliche Überweisung,“ erklärt Christina Schäfer-Thaler. Dennoch sieht sie Verbesserungsbedarf: „Es wäre wünschenswert, wenn diese Kompetenzen bereits von Anfang an in der Ausbildung verankert wären.“

Zukunftschancen: Kassenzulassung und Akademisierung

Ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung des Berufsbildes war die Möglichkeit, eine Kassenzulassung zu beantragen. Ursprünglich zur Senkung der Amputationsrate bei Diabetes eingeführt, können Podolog:innen heute Heilmittelverordnungen für verschiedene Krankheitsbilder mit den Krankenkassen abrechnen, zum Beispiel beim diabetischen Fußsyndrom, Neuropathien oder Querschnittslähmung – und seit kurzem auch für Nagelkorrekturspangen. „Das ist ein großer Fortschritt für unsere Berufsgruppe,“ betont Christina Schäfer-Thaler.

Auch die Akademisierung der Podologie wird intensiv diskutiert. Könnte ein Bachelor-Abschluss neue Karrierewege eröffnen? Welche Möglichkeiten gibt es für Podolog:innen, die wissenschaftlich arbeiten oder leitende Funktionen übernehmen möchten? Diese Entwicklungen sind vielversprechend und zeigen, dass sich der Beruf stetig weiterentwickelt.

Unverzichtbares Etappenziel: Schulgeldfreiheit für alle

In vielen Bundesländern wurde sie bereits umgesetzt – in Baden-Württemberg, der Heimat der Podologie-Schule Neuenbürg, jedoch noch nicht: Die Schulgeldfreiheit. „Das ist ein großer Wettbewerbsnachteil für uns. Eine bundesweit einheitliche Regelung wäre dringend erforderlich,“ fordert Christina Schäfer-Thaler. Auch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung müsse überarbeitet werden, um eine gleichbleibend hohe Ausbildungsqualität sicherzustellen. Zudem wünscht sich die Schulleiterin weniger Bürokratie im Umgang mit den Krankenkassen.

Erweiterte Kompetenzen: Zukunft der Podologie

Um die Bedeutung der Podologie in der medizinischen Versorgung langfristig zu stärken, hält Christina Schäfer-Thaler eine Erweiterung der medizinischen Kompetenzen für essenziell. „Selbstverständlich müssen diese Kompetenzen dann auch in der Ausbildung fundiert vermittelt werden, damit die Absolvent:innen sie später im Berufsalltag sicher anwenden können.“ Das Curriculum sollte um praxisrelevante Inhalte wie Existenzgründung oder Wundversorgung ergänzt werden. Ein großes Potential sieht die Schulleiterin in digitalen Unterrichtsformaten. Diese rechtlich zu verankern und durch gezielte Weiterbildung für Lehrkräfte zu fördern, wäre ein wichtiger Schritt in die Zukunft.

Viele wichtige Aspekte, die dazu beitragen, dass angehende Podolog:innen auch in den nächsten 25 Jahren mit den besten Perspektiven in ihren Beruf starten können – zukunftsorientiert und konkurrenzfähig.